1792 – 1850
Oft im Gewitter, Trübes mir zu
schönen,
Erhuben sich die Göttinnen des
Sanges,
Der Donner hallte
fürchterlichen Klanges:
Es war der Ode mächtig kühnes
Tönen.
Die Elegie erschien in
Himmelstränen;
Der Regen tropfte ernst herab
durch banges
Gewölk, ein Bild sehnsüchtig
weichen Dranges:
Des Liedes Sonne stillte bald
sein Sehnen.
Da sah ich zart gewölbt, in
lichter Bläue,
Von Regen eine Mischung und
von Sonne,
Im Farbenschmelz den
Regenbogen wallen.
Ob auch ein ferner Donner
rollend dräue,
Sein Arm umfasset Berg und Tal
in Wonne:
So lächelt tröstlich das
Sonett vor allen
1792 – 1850
O Mond, wie leget sich so
schön und breit,
Viel weicher als auf Gassen und
Paläste,
Um diese Berge, diese vollen
Äste,
Auf dieses Gras dein
lichtgesponnen’ Kleid!
O Mond, o Sonne der
Vergangenheit!
Wie dringst du auch in meines
Busens Feste,
Wie wirfst du Glanz und
Schatten auf die Reste
Von Lebensträumen ferner Jünglingszeit.
Aus diesen Trümmern hebt sich
leis empor
Im Strahl der Nacht ein
Lilienangesicht
Mit blauer Augen frischem
Perlentaue.
Ein altes Jugendlied rauscht
mir ans Ohr,
Mir flüstert’s ein
verklungenes Gedicht,
Daß ich der frühen Lieb’ ins
Antlitz schaue.
1792 – 1850 (An Sophie)
Du fandest mich um alte Liebe
klagen,
Dein freundlich Auge sah mich
tröstend an;
Wie bald genas ich von dem
finstern Wahn,
Und sah in dir die neue
Hoffnung tagen!
Ich hörte dich so milde Worte
sagen,
Ich sah mitleidig meinem
Schmerz dich nahn,
Von dir hofft’ ich mein Heil
neu zu empfahn,
Und glücklichere Liebe wollt’
ich wagen.
Und du nun selbst, die mich
zuerst ermuthet,
Zu freundlichem Vertrauen mich
bewogen,
Du stöß’st dies Herz zurück,
seit dir es schlägt?
Den Balsam, den du lindernd
aufgelegt,
Hast du der halbgeheilten
Wund’ entzogen,
Und siehst nun ruhig, wie sie
doppelt blutet.
1792 – 1850
An dünnen Fäden lieblich
aufgesaitet
Hängt eine Leier unter Blumenduft,
Es braus’t der Sturm hervor
aus seiner Kluft,
Der Felder mäht und mit den
Eichen streitet.
Du schwache Leier, dir ist Tod
bereitet,
Wie magst du trotzen keck in
freier Luft?
Doch horch, mit bangen
Klagetönen ruft
Sie schon dem Sturme, der gewaltig
schreitet!
Jetzt rührt er an die Saiten,
voll erklingen
Und voller sie; doch ist nicht
Flehn ihn Laut:
Ein selig Brautlied singen sie
dem Winde.
So weißt auch du des Mannes
Sturm zu zwingen;
Wild ist sein Hauch; doch
löset er gelinde
In deinen Ton sich auf, du
zarte Braut!
1792 – 1850
Es blickt der Erden Antlitz
unverdrossen
Jahrtausende hinauf zur
Himmelsau’,
Hinein in’s friedlich
unbefleckte Blau;
Und hat doch tausend Ströme
Bluts vergossen.
Der Aether hält die Kämpfende
umschlossen,
Die Winde säuseln „Ruhe“ lind
und lau,
Und auf das dunkle,
wildempörte Gau
Kommt Sonn- und Mond- und
Sternenschein geflossen.
Wann, Erde, wirst du ruhn von
deinen Kriegen,
Und wann, antwortend, deines
Himmels Blicken
Ein freundlich friedlich Aug’
entgegenschicken?
Wo nicht, so kehr’ dein
Angesicht vom Himmel,
Im Glanz der Hölle lichte dein
Getümmel,
Und laß in ihrem Arm dich
drunten wiegen!
1792 – 1850
Das ernste Land mit seinen
Felsenstegen,
Abgründen, Bergesriesen,
eis’gen Zinnen,
Es drängte meinen
wanderlust’gen Sinnen
Auf diesem Blatte fruchtbar
sich entgegen.
Wer schützet mich auf den
umdrohten Wegen,
Verbeut dem Schnee, jäh vom
Gebirg’ zu rinnen,
Und wird mir hell, kann ich
die Höh’n gewinnen,
Das Wunderland zu meinen Füßen
legen?
Da mahnt es mich, daß auch
mein süßes Leben
All’ diese Berg’ und Thäler
jüngst durchzogen:
Schnell hab’ ich neu die Karte
durchgeflogen.
Wie hell und freundlich alle Klüft’
und Höhen,
Um die der Liebe
Morgenschimmer wehen!
O nur hinein, ist denn der Weg
nicht eben?
1792 – 1850
Ein halb Jahrhundert lang hast
du geleeret
Des Weines und der Liebe
Freudenbecher;
Muthwillig Liebender, unmäß’ger
Zecher,
Zum Maaß hat dich das Alter
erst bekehret.
Doch bleibest du, wo
Traubenflor dich nähret,
Wo Mädchenblüth’, ein
lobeswarmer Sprecher,
Die Flamme brennt nur ruhiger,
nicht schwächer,
Ein Feuer, das nur wärmt und
nicht verzehret.
So wird, was einst mißfiel an
dir, zur Zierde,
Als Jugend lebt’s in deinen
alten Tagen;
Vergebe dir der Himmel deine
Fehle:
Uns Menschen rührt so
friedliche Begierde,
Der groben Hülle hat sie sich
entschlagen
Und wandelt nun als Geist
durch deine Seele.
1792 – 1850
„So hielt ich dich, ein zartes
Kind, umfangen,
Das erste Lächeln blüht’ auf
deinem Munde,
Und sanft gehoben aus des
Herzens Grunde
Trat das Blut erröthend in die
Wangen!
Sie sind erbleicht, ihr junges
Blut vergangen,
Und strömt versöhnend aus der
Seitenwunde,
Das letzte Lächeln stirbt auf
deinem munde,
In deinem Blick das himmlische
Verlangen!
Und mitten doch in allem Weh
und Leide,
In deinen Schmerzensanblick
tief verloren,
Quillt mir ein sanftes Licht
in meinem Herzen;
Es faßt mich eine mütterliche
Freude,
Mir ist, als hätt’ ich dich in
süßen Schmerzen
Jetzt eben erst für’s Heil der
Welt geboren!“
1792 – 1850
Sie tönen alle laut in mir
zusammen,
Die reinen Hymnen
vaterländ’scher Dichter;
In meinem deutschen Herzen
wird es lichter:
Nicht schäm’ ich mich, von
solchem Volk zu stammen.
Ob auch erloschen seines
Muthes Flammen,
Doch immer aus geweihten
Klängen spricht er;
Es hält der Kraft Ermunterer und
Richter,
Der Dichtung Geist, die Seelen
noch beisammen.
So schallet über die gefällten
Eichen
Und über des gestürzten Haines
Trümmer
Der Vögel lieblicher Gesang
noch immer.
Sie sangen ihre heil’gen
Grabeslieder
Auf die gefall’nen
Riesenstämme nieder
Und Wiegensang den neu
aufblüh’nden Zweigen.
1792 – 1850
O Mond, wie leget sich sio
schön und breit,
Viel weicher als auf Gassen
und Paläste,
Um diese Berge, diese vollen
Äste,
Auf dieses Gras dein
lichtgespanntes Kleid!
O Mond, o Sonne der
Vergangenheit!
Wie dringst du auch in meines
Busens Veste,
Wie wirst du Glanz und
Schatten auf die Reste
Von Lebensträumen ferner
Jünglingszeit.
Aus diesen Trümmern hebt sich
leis’ empor
Im Strahl der Nacht ein
Lilienangesicht
Mit blauer Augen frischem
Perlenthaue.
Ein altes Jugendlied rauscht
mir an’s Ohr,
Mir flüstert’s ein
verklungenes Gedicht,
Daß ich der frühen Lieb’ in’s
Antlitz schaue.
1792 – 1850
Von Sphären weiß ich, die in
lichten Kreisen
Die Luft durchwandelnd
überschwänglich klingen,
Doch kann ihr Klang nur zu den
Ohren dringen,
Die wohl vertraut sind mit des
Himmels Weisen.
Ich selbst vernahm in stiller
Nacht den leisen
Nachklang schon oft, wie
ferner Saiten Schwingen;
Mir war, als sängen sie von
ew’gen Dingen,
Als hört’ ich Gott und seine
Wunder preisen.
Doch weiß ich auch hienieden
lichte Sphären,
Dem ew’gen Born der Seligkeit
entquollen,
In unnennbaren Harmonieen
klingend:
Es sind die hellen
ahnungsvollen Zähren,
Die, Liebenden nur hörbar,
Liebe singend,
Durch deiner Augen blauen
Himmel rollen.
1792 – 1850
Ein holder Jüngling, sagen uns
die Alten,
Erscheint allnächtlich an der
Ruhestätte,
Er neigt sich sinnbethörend
über’s Bette,
Still weiß er mit des Mohnes
Kraft zu walten.
Das ist der Schlaf, er glättet
alle Falten,
Zerreißt des Lebens ew’ge
Bilderkette,
Und, daß er von des Tags
Getrieb’ uns rette,
Führt er den Reigen süßer
Traumgestalten.
Ich sah ihn lange nicht, es
naht statt seiner
Ein ander Bild mir schon seit
vielen Nächten,
Ein holdes Mägdlein ist es
anzusehen.
Doch nicht erbarmt es, wie der
Schlaf sich meiner,
Und lächelt’s gleich aus
dunklen Lockenflechten,
In Angst und Liebesschmerz muß
ich vergehen.
1792 – 1850
I.
Daß du bei Sinnengluth und
Witzesgaben
Und Phantasie, in fremder Form
Gewand,
Entbehren glaubst zu können
den Verstand,
Und Geist, Bethörter, wähntest
schon zu haben,
Mein Hohn wird sich daran fürwahr
nicht laben;
Mich dauert’s, wenn ein
anvertrautes Pfand
Verschleudert wird in
Uebermuth und Tand,
Und wenn ein junges Roß zu
Tod’ will traben.
Auch hoff’ ich’s ja, du lernst
dereinst erkennen
Die Schranke deiner Kraft und
wirst, geschult,
Mit Lust und ernst auf rechter
Bahn dich treiben:
Doch Andrer Freundschaft kann
für dich entbrennen,
Erst wenn dein Ich nicht mit
sich selbst mehr buhlt:
So lang’ lass’ uns geschied’ne
Leute bleiben.
II.
Was thu ich, deine Thorheit
auszureuten!
Der ernst, ich weiß es, nicht
ist er für Alle,
Auch du sprichst redlih, daß
er dir mißfalle;
So laß’ dir mit der
Schellenkappe läuten!
Ich will dein Herz mit einem
Gleichniß deuten:
Mir kommt es vor, wie eines
Gasthofs Halle;
Das Haus ertönt von
mannichfachem Schalle,
Von Herrn und Knechten, Dirnen
wallt’s und Bräuten.
Und ausgehängt als Schild hast
eine Sonne
Von blankem Blech, die Lust da
drein zu malen,
Herbei zu locken vieler Zecher
Schwärme;
Dann einmal über’s andre rufst
du: Wonne!
Legst drunter dich, als ob sie
leucht’ und wärme,
Ja, pflegt ein Blumenbeet mit
ihren Strahlen.
III.
Das ist doch Hohn! das gleicht
doch bitterm Spotte!
Ja, mein Versprechen hab’ ich
schlecht gehalten,
Du kennst der Laune tückische
Gewalten,
Sie spornt das Flügelpferd oft
aus dem Trotte.
Doch spotte du der Spöttereien
Rotte!
Denn hast du rechte Schätze zu
verwalten,
Die fürchten keines Witzes
Spukgestalten,
Und liegen, wo nicht Rost sie
frißt noch Motte.
Geh’, nimm dir ein Sonett aus
diesem Horte,
Fein, stolz, gedankenreich, mit
gift’ger Spitze!
Schnell’ ab vom Bogen seine
goldnen Worte!
Hier steh’ ich, Freund, und
meine Brust ist offen.
So waffne dich doch nur mit
einem Blitze.
Wie will ich jubeln, wenn ich
bin getroffen!
IV.
Zu guter letzt’: - O wolltest
du doch hören!
Könnt’ ich mit meinem Ernst,
mit meinen Scherzen,
Die beide quellen aus gleich
warmem Herzen,
Dich in dem Thum, dem
unheilvollen, stören!
O hätt’ ich Einen doch von
jenen Chören,
Die Geister bei der
Auferstehung Kerzen
Hineingesungen in die tiefsten
Schwärzen
Der Seele Faust’s, den
Wahnsinn zu beschwören!
Schon setzt er an die
giftgefüllte Schale,
Da klingt es leise mit den
Engelszungen,
Er hält, er horcht, und seine
Thränen fließen.
Du
auch, du sitzest schon bei’m Götzenmahle,
und
Gift ist’s, was du gierig willst genießen –
O
würd’ ein Lied von Engeln dir gesungen!
1792 – 1850
Oft,
wenn ich einen langen Tag verloren,
Mit
sehnsuchtsvollem Harren, eitlem Hoffen,
Nicht
auf den trauten Wegen Sie getroffen
Und
Liebe, Götter, Glück umsonst beschworen:
Tritt
nachts der Traum still zu dem armen Toren
Und
gibt ihm, was er nie gewagt zu hoffen,
Zeigt
ihm der Liebe ganzen Himmel offen,
Und
flüstert Schwür ihm in die trunknen Ohren.
Nun
heute war mein Schlaf so leer und öde,
Mir
träumte nur von ewigem Weh und Sehnen,
Ich
sah kein Bild, noch hört ich süße Rede:
Drum
hoff ich, wach, heut alles Glück zu finden.
Sonst
trocknet mir der Traum des Tages Tränen:
Heut
wird im Tag des Traumes Leid verschwinden